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Der verheerende Wirbelsturm, der am vergangenen Wochenende weite Regionen von Myanmar (auch Burma oder Birma) verwüstet hat, könnte nach vorläufigen Schätzungen mehr als 15.000 Menschen in den Tod gerissen haben.
Er war im Golf von Bengalen (Indischer Ozean) aufgezogen und im Delta des Ayeyarwady auf das Land getroffen. Mit seinen Böen erreichte „Nargis“ Spitzengeschwindigkeiten um die 200 Stundenkilometer, um im benachbarten Thailand wieder abzuklingen.
Eigentlich gilt das Auftreten von Wirbelstürmen während der Regenzeit in Südostasien als „normale“ Naturkatastrophe, doch sind davon bisher vor allem immer Bangladesch, Vietnam oder Taiwan betroffen gewesen. In Myanmar hat der Zyklon fünf Regionen so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass sie zu Katastrophengebieten erklärt werden mussten: Neben der Metropole Yangon und der Irrawaddy-Division (das Delta im Süden von Yangon) handelt es sich um Bago sowie die südlichen Bundesstaaten der Mon und Karen.
Kritik am Krisenmanagement der Militärregierung
Nach UN-Angaben könnte der Tropensturm mehrere 100.000 Menschen obdachlos gemacht hat. Er entwurzelte Bäume, brach Verkehrsampeln, Telefonmasten und Werbetafeln, deckte Dächer ab und ließ im größten Hafen des südostasiatischen Landes sieben Schiffe sinken. In weiten Teilen des Landes sind Stromversorgung und Telefonnetz zusammen gebrochen, so dass Einzelheiten aus den abgelegenen Gebieten erst nach und nach bekannt werden. Die Armee, Polizei und Feuerwehr des Landes sind im Einsatz, um die Schäden möglichst schnell zu beseitigen.
Zudem sind umfangreiche, internationale Hilfslieferungen angelaufen, die sich vorerst auf die Verteilung von Trinkwasser, Decken, Kleidung und Plastikfolien zur Abdichtung beschädigter Dächer konzentriert. Zudem sind etliche Spendenzusagen eingegangen. Kritisiert wird jedoch bereits das Krisenmanagement der Militärregierung, die sich in den betroffenen Gebieten offensichtlich die Kontrolle über die Aktivitäten sichern will. Beruhigend ist aber immerhin, dass die Generäle ausländische Hilfe prinzipiell akzeptieren, was sie nach der Tsunami-Katastrophe vom Dezember 2004, bei der das Land weitaus glimpflicher davon gekommen war, abgelehnt hatten.
Die wichtigsten Touristenziele sind weiterhin bereisbar
Trotz der bedrückenden Bilder ist kaum davon auszugehen, dass die Naturkatastrophe nachhaltige Auswirkungen auf die touristische Infrastruktur gehabt hat. Zwar ist die Region des Goldenen Felsens von Kyaikhtiyo – ein beliebtest Pilger- und Touristenziel im Süden des Landes – stark zerstört worden. Doch die bedeutendsten Reiseziele wie Bagan mit seinem historischen Pagodenfeld, Mandalay als landesweit zweitgrößte Stadt und spirituelles Herz oder der Inle-See als amphibische Märchenlandschaft sind nicht vom Wirbelsturm betroffen gewesen – und können ohne Behinderungen bereist werden. Auch der im Westen liegende, mit seinen zahlreichen neuen Strand-Resorts bei Bade-Urlaubern beliebte Ngapali-Beach soll den Wirbelsturm unbeschadet überstanden haben.
Der Flughafen von Yangon war wegen Ausfall der Radaranlagen zeitweilig geschlossen. Doch nachdem bereits am Sonntag Nachmittag wieder erste Maschinen gestartet und gelandet waren, hat sich der Flugverkehr inzwischen normalisiert. Touristische Programme in der Fünf-Millionen-Metropole sind weiterhin möglich, auch wenn ggf. Einschränkungen bei der Strom- oder Wasserversorgung hingenommen werden müssen und die Stadt durch den Verlust unzähliger, stattlichen Straßenbäume etwas „gerupft“ wirkt.
Deutsche Reiseveranstalter und ihre Agenturen vor Ort hoffen, dass die Medien sich in einer möglichst verantwortungsvollen Berichterstattung üben werden. Denn nach der brutalen Niederschlagung von Demonstrationen durch die Militär-Junta im Herbst letzten Jahres leidet die bitterarme Bevölkerung sowieso schon unter einem empfindlichen Schwund an ausländischen Touristen, der etliche Familien in eine Existenzkrise gestürzt hat. So fragt es sich, ob den Menschen vor Ort mit übertriebenen Schlagzeilen wie „Zyklon zerstört Birma“ geholfen ist, mit denen zum Beispiel die „Süddeutsche Zeitung“ ihre Ausgabe vom 6. Mai aufgemacht hat.
Ob das von der Regierung für den nächsten Samstag angesetzte Verfassungs-Referendum trotz der Naturkatastrophe stattfinden kann, scheint unklar. Es ist dafür gedacht, den Weg für Parlamentswahlen im Jahr 2010 frei zu machen.